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Menschenbilder im Wandel

  • Autorenbild: Ferdinando De Maria
    Ferdinando De Maria
  • 16. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Sept.

Reduzieren wir Menschen in Organisationen immer noch auf Zahlen

oder erkennen wir endlich ihre Komplexität als Ressource?


Bei meinem Ausflug in den akademischen Raum bin ich im 2013 auf ein Thema gestossen, das weit mehr ist als Theorie ist: das Menschenbild. Denn wie wir den Menschen sehen, prägt, wie wir Organisationen führen, entwickeln und verändern.


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Der „Economic Man“

Die Vorstellung vom „homo oeconomicus“ - oft auch Economic Man genannt - hat ihre Wurzeln in der klassischen Ökonomie. Bereits Adam Smith (1723–1790) legte mit The Wealth of Nations (1776) die Basis für das Bild des rationalen, nutzenmaximierenden Menschen. Später prägte die neoklassische Theorie dieses Modell weiter. Der Economic Man handelt rational, wägt Kosten und Nutzen ab und trifft Entscheidungen ausschließlich im eigenen Interesse.


Für die Managementpraxis hiess das lange: Menschen sind berechenbar, steuerbar und reagieren zuverlässig auf Anreize wie Geld oder Status.

Der „Social Man“

Mit der Industrialisierung und der wachsenden Bedeutung von Arbeit in Teams wurde das Bild des Menschen erweitert. Die berühmten Hawthorne-Experimente (1924–1932), durchgeführt von Elton Mayo, zeigten, dass Leistung nicht nur durch monetäre Anreize, sondern auch durch soziale Faktoren beeinflusst wird.

Der Social Man sucht Zugehörigkeit, Anerkennung und gute Beziehungen. Er ist eingebettet in soziale Kontexte und reagiert auf sie.


Zu den Hawthorne-Experimente: https://tinyurl.com/yp7h29q2


Für Organisationen hiess das: Motivation entsteht nicht nur durch Geld, sondern auch durch Teamgeist, Wertschätzung und Kultur.

Der „Complex Man“

In den 1960er-Jahren begann ein neues Bild Gestalt anzunehmen. Forscher wie Chris Argyris (Personality and Organization, 1957) oder Edgar H. Schein (Organizational Psychology, 1965) prägten die Idee des „Complex Man“. Er ist nicht eindimensional rational oder ausschließlich sozial, sondern vielschichtig:


  • Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, die sich im Laufe ihres Lebens verändern.

  • Sie sind widersprüchlich, lernfähig und kreativ.

  • Sie entwickeln sich weiter – individuell und in Resonanz mit ihrer Umwelt.



Für Organisationen heisst das: Menschen lassen sich nicht auf eine Formel reduzieren. Sie brauchen Räume, die Vielfalt zulassen, Lernen ermöglichen und Sinn stiften.


Handlungsempfehlungen für Organisationen


Menschenbilder reflektieren: Hinterfrage regelmäßig, welches Menschenbild in deiner Organisation bewusst oder unbewusst wirkt. Führen wir über Kontrolle und Anreize – oder über Vertrauen und Entwicklung?


Anreizsysteme neu denken: Wirtschaftliche Anreize sind wichtig, aber nicht ausreichend. Ergänze sie durch Sinnangebote, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und flexible Arbeitsformen.


Resonanzräume schaffen: Baue Räume für echten Austausch: Feedbackrunden, Retrospektiven, Dialog-Formate. Sie stärken Beziehung und Vertrauen - Grundpfeiler für Resilienz.


Fehler- und Lernkultur fördern: Sieh Stolpern nicht als Versagen, sondern als Wachstumsimpuls. Belohne nicht Perfektion, sondern den Mut, Neues auszuprobieren.


Führung neu definieren: Führungskräfte sind nicht nur Entscheider, sondern auch Begleiter. Sie übersetzen zwischen Stabilität und Veränderung, geben Halt, ohne Entwicklung zu blockieren.


Vielfalt ernst nehmen: Der Complex Man zeigt: Menschen sind widersprüchlich und facettenreich. Nutze Diversität als Ressource, statt sie in standardisierte Schubladen zu pressen.



Was das für UNS bedeutet


In meiner Arbeit habe ich erlebt: Welches Menschenbild wir wählen, ist keine theoretische Spielerei - es bestimmt, wie wir Wandel verstehen und gestalten.


  • Wer nur den Economic Man sieht, führt über Zahlen.

  • Wer den Social Man betont, führt über Beziehungen.

  • Wer den Complex Man anerkennt, führt über Haltung, Resonanz und Entwicklung.


Gerade heute, im Sturm von Disruption, Digitalisierung und KI, ist das Bild des Complex Man aktueller denn je. Denn es anerkennt die Ambivalenz und Kreativität des Menschen - und macht sichtbar, dass Organisationen nicht nur effizient, sondern auch lebendig und sinnstiftend sein müssen.


Mein Fazit

Organisationen sind mehr als Strukturen. Sie sind Räume, in denen Menschen mit all ihrer Komplexität wirken. Wer Wandel gestalten will, braucht ein Menschenbild, das diese Vielfalt anerkennt – und nicht reduziert.


Jedes Menschenbild ist ein Spiegel dafür, wie wir Zukunft gestalten.

Organisationen sind lebendige Organismen.

Meine Arbeit besteht darin, ihnen Räume zu geben, in denen sie wachsen, reifen und Zukunft gestalten können - organisch, achtsam, menschlich.

 
 
 

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Über mich

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Ferdinando De Maria ist Organisations- und Unternehmensentwickler.

Er versteht Unternehmen nicht als Maschinen, die gesteuert werden, sondern als lebendige Organismen, die wachsen, lernen und sich wandeln.

 

Mit einer einzigartigen Verbindung aus ökonomischer Klarheit und psychologischem Gespür begleitet er seit vielen Jahren namhafte Unternehmen in komplexen Veränderungsprojekten und unterstützt Unternehmen beim Aufbau tragfähiger Strukturen und Kulturen. Dabei schafft er Räume, in denen Wandel nicht aufgezwungen, sondern organisch möglich wird - getragen von Vertrauen, Orientierung und gelebten Werten.

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